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Busenfreund und Milchschwester

Wissen Sie eigentlich, was ein Busenfreund oder eine Busenfreundin ist? Haben Sie womöglich einen oder eine? Ich hoffe es für Sie, denn wie schön ist es doch, sich am Busen eines lieben Freundes oder einer lieben Freundin ausweinen zu können! Sie meinen jetzt, am Busen eines Freundes, das sei kein korrektes Deutsch, denn einen solchen habe er ja nicht und Busen sei einzig für die Brüste einer Frau die richtige Bezeichnung? Sie irren, denn im früheren, heute jedoch veralteten Sprachgebrauch konnte man durchaus vom Busen eines Mannes reden. So führt der DWDS zum Beispiel ein Zitat von Willhelm Raabe auf: «Anselma schluchzte ratlos am Busen ihres Gatten » [RaabeWunnigelII 5,135]

Fragt sich nun, auf welche Etymologie die Bezeichnung Busenfreund/Busenfreundin zurückgeht. Ich habe eine Weile, aber nicht erschöpfend im Internet recherchiert, doch kenne ich die offizielle Herkunft der Bezeichnung immer noch nicht. Also erlaube ich mir, folgende Theorien aufzustellen:

– Gemäss dem oben genannten Beispiel aus dem DWDS heisst ein Busenfreund/Busenfreundin deshalb so, weil man mit ihm/mit ihr so eng und vertraut ist, dass man sich an seinem/ihrem Busen ausweinen kann.

– Mit Busen sind beide Brüste einer Frau gemeint oder eben die flache Brust inklusive beider Brustwarzen eines Mannes, zwei Körperteile, die vor allem bei der Frau sehr eng beieinanderliegen und unzertrennlich sind. Von daher abgeleitet wären Busenfreunde oder Busenfreundinnen so unzertrennlich wie ein Busen.  

Wie ist es nun aber mit der Milchschwester, die mir im gleichen Wortfeld im Zusammenhang mit dem Busenfreund eingefallen ist? Sie haben keine Ahnung? Sie kennen nur die Krankenschwester, die Blutsschwester, die Zwillingsschwester und die OP-Schwester?

Ich gestehe es Ihnen, wenn ich nicht seit Jahrzehnten mit einem waschechten Algerier verheiratet wäre, wüsste ich es auch nicht, denn hierzulande kennt man Milchschwestern und Milchbrüder meistens nicht (mehr). In Algerien und natürlich in vielen anderen Ländern auf der Welt wurden Kinder, deren Mütter nach der Niederkunft zu wenig Milch hatten oder krank waren, früher vorübergehend von einer andere Mutter gestillt und diese Kinder und die Kinder der «Amme» wurden somit zu Milchgeschwistern. Bei Muslimen und vermutlich auch bei Juden wird dieses Verwandtschaftsverhältnis, das allein durch das Stillen entsteht, bei Heiratsabsichten wie eine Blutsverwandtschaft verstanden. Milchgeschwister können keine Ehe eingehen!

Sollte man also das Pech haben, sich unsterblich in seine Milchschwester oder seinen Milchbruder verliebt zu haben, bliebe einem zum Trost nur noch das Ausweinen an der Brust eines Busenfreundes oder einer Busenfreundin.

Copyright Anja Siouda 10. Juli 2020

Foto (Pexels) thanks to Cleyder Duque

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