Im Herzen der Altstadt
Nicht weit von der Genfer Kathedrale Saint-Pierre, in der Rue Calvin im Herzen der Altstadt, liegt das Museum Barbier-Mueller, ein wahres Bijou, klein aber fein, vermutlich nicht jedem Genfer ein Begriff, aber mit einem internationalen Renommee weit über die Schweizer Grenzen hinaus und mit kulturellen Schätzen aus verschiedenen Kontinenten. Das Museum ist 365 Tage im Jahr von 11 Uhr bis 17 Uhr geöffnet und hat sich seit der Eröffnung zum Ziel gesetzt, einem grösstmöglichen Publikum nicht-westliche Kunst bekannt zu machen.
Das in einem historischen Gebäude aus dem 16. Jahrhundert situierte Museum besticht den Besucher nicht nur durch seine kostbaren Sammlungen, sondern überrascht ihn auch mit seiner raffinierten Architektur bestehend aus Eingangsraum mit Empfang, Mezzanin, Untergeschoss mit Kellergewölben und kleinem Patio, der im Sommer zum gemütlichen Verweilen einlädt. Das Cachet und die Eleganz der Räumlichkeiten sind einmalig.
Eröffnung 1977
Eröffnet wurde das Museum Barbier-Mueller 1977, drei Monate nach dem Tod des Sammlers Josef Mueller. Sein Schwiegersohn, Jean-Paul Barbier-Mueller, der 1955 Josef Muellers Tochter Monique heiratete, hatte seine eigene Sammlerleidenschaft in den Jahren 1960-1970 zusammen mit seiner Frau intensiviert und der Sammlung für das Museum ein besonderes Gepräge gegeben.
2010 wurde die «Fondation culturelle Musée Barbier-Mueller» gegründet, die anthropologische Forschungen über die Lebensart, Kultur und religiösen Riten bisher noch unbekannter Völker fördert und dazu beiträgt, dass deren Traditionen, die nur mündlich überliefert werden, nicht verloren gehen.
Aktuelle Ausstellung «Sous l’œil de Malick Sidibé»
Die aktuelle Ausstellung «Sous l’œil de Malick Sidibé» ist dem malischen Photographen Malick Sidibé (1935-2016) gewidmet, der 2007 als erster afrikanischer Künstlerfotograf an der Biennale von Venedig den goldenen Löwen gewann und der die Teilnehmer eines von Monique Barbier-Mueller im Jahre 2005 initiierten Wettbewerbs von Liedern gegen Aids vor dem schwarz-weiss gestreiften Hintergrundvorhang seines Studios fotografierte.
Im Erdgeschoss des Museums zieht eine buntleuchtende Sammlung von Waxprint-Stoffen aus Mali den Blick des Besuchers sofort auf sich. In diesem Teil des Raumes werden die Teilnehmer des Wettbewerbs mit ihren Liedern präsentiert. Ein Screenshot zeigt die Darbietung der Finalisten. Der Besucher kann die Lieder-Aufnahmen zudem über Tablets abrufen und per Kopfhörer anhören. Auch die Texte der verschiedenen Lieder sind schriftlich wiedergegeben. Ein Interview mit Monique Barbier-Mueller zur Idee und Organisation des Wettbewerbs, sowie zu den Schwierigkeiten der Durchführung steht auf den Tablets ebenfalls zur Verfügung.
Einzigartige Stücke aus Mali
Beim Mezzanin über dem Empfang präsentiert das Museum einzigartige Stücke aus Mali, wie Anhänger, Ornamente und Figuren aus Metall, sowie Masken, Sitze und Statuen der Soninké-, Dogon- und Bamanavölker. Diese zum ersten Mal innerhalb des Museums vereinten Werke zeigen die bewundernswerte Kreativität ihrer Urheber und öffnen dabei gleichzeitig ein Fenster zu den zahlreichen Riten und Glaubensvorstellungen, deren Träger sie sind. (vgl. dazu die offizielle Präsentation des Museums)
In einem nischenhaften Seitenraum des Museums ist das Fotoatelier von Malick Sidibé realitätsnah und äusserst anschaulich reproduziert. Mit Stativ-Lampen, Fotokameras, farbigen Stühlen und natürlich mit dem unverwechselbaren schwarzweiss gestreiften Vorhang und dem karierten Boden.
Zwischen dem Erdgeschoss und dem Patio sind Bilder von Malick Sidibé, Monique Barbier-Mueller und Robert Storr anlässlich der Biennale in Venedig zu sehen.
Im sommerlichen Patio unter Zeltdach laden ein afghanisches Sofa mit hohen, geschnitzten Holzdossiers und bunten Waxprint-Kissen sowie ein paar Bistro-Tischchen dazu ein, sich in Ruhe die diversen Ausstellungskataloge anzuschauen, die beim Empfang auch käuflich sind. Auch ein Kaffeeautomat und ein kleiner Kühlschrank stehen mit Erfrischungen bereit.
Im Untergeschoss sind Abzüge von Malick Sidibé aus den 60er und 70er Jahren zu sehen, die ein junges und festliches Bamako darstellen. Sie wurden dem Museum von André Magnin in freundlicher Leihgabe zur Verfügung gestellt.
Vorträge, Diskussionen und Ateliers
Neben Vernissagen zur Eröffnung der jeweiligen Ausstellungen organisiert das Museum unter der langjährigen und erfahrenen Leitung der Direktorin Laurence Mattet und ihrem Team regelmässig originelle Vorträge, Diskussionen und Ateliers.
Monique Barbier-Mueller ist am 6. August 2019 im Alter von neunundachtzig Jahren verstorben. Ihr Mann Jean-Paul Barbier-Mueller verstarb 2016. Das Sammlerehepaar besass «die weltweit grösste Sammlung ‘primitiver’ Kunst» (NZZ 9.8.2004).
Webseite des Museums: www.barbier-mueller.ch
Ein anschauliches Video zur aktuellen Ausstellung findet man hier: https://www.barbier-mueller.ch/2019/06/18/sous-loeil-de-malick-sidibe/
Interessanter Artikel zum Sammlerehepaar Barbier-Mueller: https://www.nzz.ch/article9H4SO-1.289927
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